Zur Entstehung des Fabian-Filmes

Ich stieß 2006 im Internet auf eine sehr beeindruckende Geschichte namens “I Want the World Plus 5 %“ (wörtlich: „Ich will die Welt plus fünf Prozent“, meist übersetzt als: „Gib mir die Welt plus fünf Prozent“). Der Australier Larry Hannigan hatte 1971 anhand einer Erzählung über den fiktiven Goldschmied „Fabian“ nicht nur den mathematischen Fehler in unserem Geldsystem treffend beschrieben, sondern auch, welche Auswirkungen derselbe nach sich ziehen muss. Seine Vorhersagen waren allesamt eingetroffen. Das hatte mich sehr beeindruckt. So versuchte ich, Larry Hannigan zu kontaktieren. Jedoch fand ich keine E-Mail- oder Internetadresse. Glücklicherweise aber hatte Hannigan einen Hinweis angebracht, dass man seine Geschichte verbreiten dürfe, so lange man keine kommerziellen Interessen damit verfolge. So ließ ich mich darauf ein. 

Ich forschte im Internet nach deutschen Übersetzungen, fand  verschiedene Versionen, überarbeitete eine davon und erstellte eine Depesche daraus (35/2006). Die Depeschenbezieher waren hellauf begeistert und bestellten zahllose S-Depeschen. Ganz überschwängliches Lob traf ein! 

Das brachte mich auf eine Idee: Was würde wohl geschehen, wenn eine Million Deutsche das große Geheimnis unseres Geldsystems erstmals durchschauen würden? Was wäre, wenn so viele Menschen erstmals verstünden, was der absichtlich eingebaute Fehler in unserem Schuldgeldsystem ist? Müsste das nicht zwingend eine Verbesserung einleiten oder zumindest dazu führen, dass sich die Menschen mehr mit dem Finanzsystem befassen, alternative Modelle erschaffen, das Thema breiter in der Öffentlichkeit aufgreifen und diskutieren würden – und müsste die sodann allgemein gesteigerte Vernunft nicht unmittelbar zu einer Verbesserung der Zustände im Geldwesen führen? Was wäre, wenn ich mich einfach einmal daran machte, es herauszufinden? 

So entstand das Projekt zur Verbreitung der Fabian-Geschichte an eine Million Menschen im deutschsprachigen Raum – zuerst in Form von S-Depeschen „Der Fehler im System“, dann auch begleitet von der Idee, aus Hannigans Story einen Trickfilm zu machen, also den Text professionell sprechen zu lassen und die Geschichte zu illustrieren. Das bringt mich zum Kern meiner Erzählung. Lassen Sie mich dazu bitte kurz aufführen, was es alles umfasst, einen solchen Film tatsächlich entstehen zu lassen: 

Zuerst musste natürlich eine Übersicht bzw. die Planung des Gesamtprojekts erstellt werden, einschließlich der erforderlichen Finanzmittel. Die nächste Aktion war, den Text akkurat übersetzen zu lassen, denn die vorhandenen Internetversionen waren zu laienhaft. Die fertige Übersetzung alsdann zu prüfen, zu überarbeiten und ein Skript für den Sprecher zu verfassen, nahm rund 30 Arbeitsstunden in Anspruch.

Selbst eine scheinbar so kleine Nebensache wie die, einen guten Sprecher zu finden, erfordert erstaunlichen Aufwand. Man muss dazu erstmal Kontakte knüpfen, Proben anfordern, jeweils verschiedene Meinungen einholen, anschließend das Honorar aushandeln, die Sache in Auftrag geben, alles kontrollieren usw. Auch das nahm locker 15 bis 20 Stunden in Anspruch. 

Nun lassen Sie einmal einen gesprochenen Text von 47 Minuten Dauer illustrieren, wenn man pro Minute mindestens drei Bilder benötigt (bei weniger Bildabwechslung wird es für den Zuschauer langweilig). Zuvor musste natürlich erst einmal ein guter Illustrator gefunden werden. Dank eines Tipps aus dem Depeschenkreis fanden wir in Ralf Alex Fichtner nicht nur ein Genie, sondern auch jemanden, der die nötige Portion Idealismus mitbrachte. 

47 x 3 = 141 farbige Illustrationen, plus einiger weiterer für die bewegten Bildteile. Die Hauptarbeit dabei war, auszutüfteln, wie man den gesprochenen Text grafisch umsetzt. Was bildet man ab, wenn der Sprecher sagt: „Fabian war innerlich erregt, als er seine Rede übte, die er am nächsten Tag vor einem großen Publikum halten würde“? Und überhaupt: Wie soll Fabian eigentlich aussehen? Mehrere Entwürfe wurden angefertigt und Umfragen durchgeführt (Ergebnis linke Seite). Wie lange dauert es, bis man sich eine einzelne Illustration ausgedacht und diese mit dem Zeichner abgesprochen hat, er den Entwurf gefaxt, man ihn korrigiert und absegnet hat? Dutzende Nachmittage vergingen, die zwar sehr lustig und kreativ, aber auch sehr anstrengend waren. 

Ein Zeichner verlangt für eine farbige Illustration 100 bis 200 Euro. Selbst, wenn da also jemand zu erschwinglichem Honorar arbeitet und großzügige Nachlässe einräumt, kommt immer noch ganz schön 'was zusammen. 

Die vorhandenen Vereinsgelder waren jedoch schon für Übersetzung, Sprecher- und Tonstudio-Honorar aufgebraucht worden.

Die Kosten für das Filmstudio beliefen sich auf einen fünfstelligen Betrag, und auch die Filmmusik musste komponiert werden. Die Anfangsproduktion von 35.000 DVDs stand an. All das zusammen würde einen Betrag von etwa Euro 40.000,-- erfordern. Haben Sie schon mal 40.000 Euro aufgetrieben? Erahnen Sie, wie viele Leute man da anrufen darf? Gehört „betteln“ zu gehen zu Ihren Lieblingsbeschäftigungen? Zu meinen nicht. Doch auch das wollte bewältigt werden. 

Im Februar 2007 habe ich das Projekt begonnen, im November 2007 wurde die DVD fix und fertig mit der Dreifachdepesche 31-33/2007 an alle Depeschenbezieher kostenfrei ausgeliefert (die meisten hatten sich zuvor mit Spenden beteiligt). 

Alles in allem hat mich die Sache locker 200 ehrenamtlich geleistete Stunden gekostet, neben meiner normalen Arbeit – oder anders ausgedrückt: ein Dreivierteljahr meiner Freizeit. Ich tat das sehr, sehr gerne, da mich das Projekt begeisterte. Zudem faszinierte mich die Vorstellung, herauszufinden, was passieren würde, wenn eine Million Menschen Kenntnis von der Fabiangeschichte hätten. 

Die Reaktion der Depeschenbezieher war ermutigend (wie immer, Ihr Lieben!), auch die Reaktionen von Aktionsgruppen, Stammtischen, sowie von den direkt damit Angesprochenen. 

Dann aber wurde der Film Dutzendfach ins Internet eingestellt, auf YouTube und andere freie Kanäle. Was dort jedoch passierte, war äußerst lehrreich :-) 

Die gute Nachricht zuerst: Innerhalb kürzester Zeit erhielt der Film rasante Zugriffszahlen. Während wir zuvor unter beträchtlicher Mühe 200.000 Depeschen und gedruckte Versionen verbreitet hatten, während wir anfangs mühsam 10.000 Exemplare der DVD verteilten, klommen die Zuschauerzahlen bei YouTube innerhalb weniger Wochen über die 250.000-Marke.

Insgesamt haben wir (Stand 2023) bisher rund 2,5 Million Menschen mit dem Film erreicht. Es gibt sogar eigene Webseiten, die eigens um den Film herum entstanden sind. Doch da gab es noch einen weiteren Aspekt. 

Dass die Zuschauer im Internet etwas für ihr Leben hinzugewinnen, dass sie sich darüber freuen, den Fehler im Geldsystem verständlich aufgezeigt zu bekommen, dass sie erkennen, warum in ihrem Geldbeutel immer mehr Geld fehlt, dass ihnen das eine oder andere Licht aufgehen möge, dass sie die eine oder andere zustandsverbessernde Aktivität entfalten mögen, solche Dinge wären meine „Bezahlung“ für die Mühen meines völlig ehrenamtlichen Einsatz gewesen. 

Doch was geschah „da draußen in der Wildnis“? Tatsächlich erntete der Film Reaktionen, die für mich anfangs völlig unverständlich waren; im Nachhinein allerdings schon, weshalb dieses Beispiel hier auch als Lehrstück herhalten darf. Der Film erzielte im Internet anfangs nämlich praktisch ausnahmslos belanglose, dümmliche Kommentare, die sich nur über völlige Nebensächlichkeiten ausließen, über die Machart, über einzelne Zeichnungen, über die Musik, über „meine geheimen Motive“. Es wurde darüber diskutiert, ob ich denn nun mit dieser oder jener Aussage Recht hätte oder nicht (dabei hatte die Geschichte ja Larry Hannigan verfasst). Es wurden scheinbare Widersprüche aufgeworfen. Andere ließen sich über meine möglichen Motive und vermeintlichen Absichten aus. 

Das ging so weit, dass man schließlich öffentlich über meine (vermeintlichen) politischen Ansichten sowie über meine Religionszugehörigkeit diskutierte :-) Irgendwann wurde da sogar in den Raum geworfen, es sei ja „offensichtlich“, ich könne mit Fabian nur „den ewigen Geldjuden“ gemeint haben – und es wurde über „meinen“ vermeintlichen Rechtsextremismus diskutiert.

Es war zum Brüllen! Ich hatte an so etwas noch nicht einmal im Traum gedacht gehabt, sondern wollte mit dem Projekt aufzeigen, was passiert, wenn Zins am Geldursprung erhoben wird, wenn also an der Stelle, die das Geld herausgibt, Zins erhoben wird. Das ist der Fehler im System (nicht einmal der Zins an sich. Doch darüber diskutierte lustigerweise keiner :-)

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich war keineswegs so naiv, mit so etwas nicht zu rechnen. Ich hatte ja seit Jahren schon Depeschen herausgegeben und wusste wohl, dass „keine gute Tat je ungesühnt bleibt“ :-) 

Ich verstand nur die schiere Menge nicht bzw. das reine Verhältnis von Dummheit zu Vernunft, von Pöbelei zu Ernsthaftigkeit, von Vorurteil zu Unvoreingenommenheit, von Engstirnigkeit zu Toleranz, von Rechthaberei zu Einsicht, von Spott zu Sachlichkeit, von Boshaftigkeit zu Achtung usw. Bis ich schließlich auf die Antwort kam: 

So etwas passiert, wenn man etwas sehr, sehr Wertvolles, nämlich Liebe, Lebensblut, Idealismus, Kreativität plus sehr viel Zeit und Arbeit in etwas hineinsteckt und all dies dann kostenlos ins Internet einstellt. Hier hat der Austausch nicht gestimmt!  

Bei den Depeschenbeziehern, die sich ja allesamt am Projekt beteiligt hatten, die mitkreiert hatten, mitgespielt, die gespendet und beigtragen hatten usw., da kam der Film super an und hier erhielten wir auch reichhaltigste, schönste „Bezahlung“ in Form von Beteiligung, Verbreitung, konstruktiven Vorschlägen, Aktivität, Zuspruch usw. Hier hat der Austausch gestimmt und die Ergebnisse haben uns motiviert, weiterzumachen. Hätte es diese Seite aber nicht gegeben und ich hätte nur die Internet-Reaktion miterlebt, wäre ich vielleicht eiskalt zusammengebrochen. 

Wir lernen daraus also Folgendes: Ein Burnout kann einerseits entstehen, wenn das Austauschverhältnis auf eklatante Weise verletzt wird, aber auch dann, wenn jemand den Glauben an seine Arbeit verliert. Alles, wofür er gelebt und geschuftet hat, wofür er sich eingesetzt und evtl. aufgeopfert hat, wurde durch ein plötzliches Erleben, ein schockartiges Geschehnis zunichte gemacht. Mit anderen Worten gibt es da eine gescheiterte Zielsetzung – und das ist Faktor 4.

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Von am 05.08.2023


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